Unterwegs zu Gast bei Scarpa

erstellt am: 23. 09. 2014 um 12:33 Uhr

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Auf Einladung des italienischen Schuhherstellers Scarpa begaben sich Christoph, unser Chef, seine Frau Martina, Daniel sowie Julia von Unterwegs in Bremen, Jessica von Unterwegs in Oldenburg und Torsten von Unterwegs in Wilhelmshaven am 15. Juni 2014 auf den Weg nach Italien. Schuhe der Firma Scarpa sind seit Jahren fester Bestandteil im Schuhsortiment von Unterwegs und erfreuen sich zunehmender Beliebtheit bei unseren Kunden. Ein Grund mehr für unsere Kollegen sich vor Ort über Scarpa und seine Erfolgsgeschichte zu informieren und mehr über die Schuhproduktion bishin zur Vorschau auf die Kollektion 2015 zu erfahren. Im folgenden berichtet euch Torsten, was er und unsere Kollegen bei Scarpa erlebt und welche neuen Erkenntnisse sie dank der Werksbesichtigung gewonnen haben.

Warum gerade ein Werkbesuch?
Besuche in den Produktionsstätten unserer Lieferanten liefern uns immer wieder aufs Neue wertvolle Informationen. Seien es technische Details, gezielte Einsatzmöglichkeiten, ein persönlicher Einblick in die Produktion oder auch ein besserer Überblick auf den Umfang des angebotenen Sortiments. All das sind wertvolle Informationen, die in die regelmäßig stattfindende Fortbildung unserer Mitarbeiter einfließen und so letztendlich über Beratung und Service an unsere Kunden weitergegeben werden. Solche Treffen bieten für uns aber auch eine gute Gelegenheit, dem Hersteller Rückmeldungen hinsichtlich Qualität und Umfang des Sortiments oder an uns herangetragene Kundenwünsche zu geben.

Nach problemloser Abreise aus Wilhelmshaven, Oldenburg und Bremen treffen wir uns am Mittag auf dem Hamburger Flughafen mit André von Scarpa, der uns auf der Reise begleiteten wird. Nach einer ersten Lagebesprechung beim obligatorischen Kaffee starten wir bei herrlichem Wetter von Hamburg in Richtung Venedig. Die Überquerung der Alpen können wir aufgrund der fast geschlossenen Wolkendecke zwar nur erahnen. Doch manchmal gelingt es, durch eine der wenigen Wolkenlücken einen kurzen Blick auf die zum Teil noch mit Schnee bedeckten Hänge oder die in den Tälern liegenden Ortschaften zu erhaschen.

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Am Nachmittag landen wir in der Nähe von Venedig. Der Landeanflug auf den venezianischen Flughafen Marco Polo bietet einen grandiosen Blick auf die Lagune und die weltberühmte Lagunenstadt. Doch dieser erste Blick muss uns zunächst genügen. Für uns geht es jetzt erst einmal mit dem Auto Richtung Nordwesten in den Ort Asolo in der Provinz Trevisio, dem Sitz der Firma Scarpa. Nach dem Einchecken im Hotel treffen wir auf Manfred von Scarpa, der uns zusammen mit André einen kurzen Ausblick auf die bevorstehenden Aktivitäten gibt.

 

Gegen Abend fahren wir nach Bassano del Grappa und besichtigen dort nach dem gemeinsamen Essen die bereits im 13. Jahrhundert erbaute Holzbrücke Ponte degli Alpina. Neben der Brücke über den Brenta ist die Stadt bei Touristen auch bekannt für die vielen ortsansässigen Grappa Destillerien. Der Name des Ortes hat allerdings nichts mit dem Tresterbrand zu tun, sondern steht im Zusammenhang mit dem nahe gelegenen Berg Monte Grappa. Bei einem Glas Grappa lassen wir dann auch den Anreiseabend in gemütlicher Runde ausklingen und kehren zurück in unser Hotel.

Ein Familienunternehmen in der zweiten Generation
Am nächsten Morgen geht es direkt nach dem Frühstück zum Hauptsitz der Firma Scarpa, wenige 100 Meter von unserem Hotel entfernt. Dort werden wir nach einer kurzen Sicherheitseinweisung zunächst von Sandro Parisotto, dem CEO von Scarpa empfangen. Von ihm erfahren wir, dass das Familienunternehmen heute in der zweiten Generation von ihm und zwei weiteren Mitgliedern der Familie Parisotto, Davide und Cristina, geführt wird. Der Name Scarpa entstand übrigens aus der Abkürzung S.C.A.R.P.A. - Società Calzaturieri Asolani Riuniti Pedemontana Anonima, einem 1938 von Lord Guinness gegründeten Zusammenschluss engagierter Schuhhersteller in der Region Asolo. Die Brüder Luigi, Francesco and Antonio Parisotto kauften die Firma Scarpa im Jahr 1956 und übergaben das Unternehmen dann in den achziger Jahren an die zweite Generation.

 

Zahlen und Fakten...
Scarpa beschäftigt heute an seinem Hauptsitz ca. 200 Mitarbeiter und ca. 40 Zulieferer in externen Werkstätten, die u.a. Leisten, Sohlen, Ösen oder Schnürsenkel produzieren. Weltweit hat Scarpa etwa 800 Mitarbeiter. Neben dem Werk in Asolo unterhält Scarpa noch zwei weitere baugleiche Produktionsstätten in China und Rumänien wo u.a der Zen Lite GTX bzw. Kletterschuhe gefertigt werden. Sandro Parisotto betont, dass die Werke im Ausland exklusiv für Scarpa produzieren, was für Qualitätssicherung und Produktverfügbarkeit sowie die Sicherung des Produktions Know How's von elementarer Bedeutung ist. In Deutschland und den USA unterhält Scarpa darüber hinaus eigene Handelsvertretungen.

 

Nach diesen einführenden Worten stellt Sandro Parisotto uns Davide Parisotto, den Forschungs- und Entwicklungschef des Unternehmens, vor, der uns einen Überblick über die Schuhproduktion geben wird. Wir sind inzwischen in der vor der Produktionshalle liegenden Lagerhalle angekommen. Hier befindet sich alles, was an Einzelteilen für die Schuhproduktion benötigt wird und es liegt ein angenehmer Geruch nach Leder in der Luft. Wir erfahren u.a. welche Teile des verwendeten Rinderleders besonders gut für die Produktion von festen Wanderschuhen geeignet sind, und dass das derzeit hochwertigste Leder aus Deutschland und den Niederlanden stammt.

Schritt für Schritt zum fertigen Produkt...
Dann geht es in die Produktionshalle. Dort besichtigen wir zunächst eine hochmoderne, computergesteuerte Schneidemaschine, die präzise und schnell die von einem Mitarbeiter per Laser vorgezeichneten Lederteile für ein bestimmtes Schuhmodell mit rotierenden Messern aus einem großen Stück Leder schneidet. Ein paar Meter weiter werden Teile des Schuhfutters ausgestanzt. Am nächsten Arbeitsplatz werden die Ränder von Lederteilen ausgedünnt und versäubert, um einen sauberen Übergang beim Vernähen zu erzielen. Die nächste Mitarbeiterin presst Ösen in das Leder.

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Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt...
Es wird gestanzt, genäht, gebohrt, geklebt, geschnitten und geschliffen. Ein Arbeitsplatz reiht sich an den anderen und überall herrscht, geschäftiges Treiben. Viele verschiedene Geräusche und Gerüche vermischen sich und wir sind sehr beeindruckt, wieviele Arbeitsschritte für die Herstellung nur eines hochwertigen Schuhes notwendig sind. Dabei handelt es sich (neben auf den ersten Blick einfach wirkenden Arbeitsschritten) häufig auch um sehr spezielle Arbeitsschritte, die ein hohes Maß an Fertigkeiten, Konzentration und Kraft erfordern. Dies gilt zum Beispiel für das Aufziehen von Gummierungen oder dem Verbinden von Einzelteilen unter hohem Druck und bei hoher Temperatur. Neue Mitarbeiter brauchen oft Wochen, um solche sehr speziellen Arbeitsschritte in der erforderlichen Präzision auszuführen und manch einer lernt es laut Aussage von Davide nie und erweist sich als ungeeignet, weil ihm das notwendige Fingerspitzengefühl hierfür fehlt. Davide Parisotto erklärt uns geduldig jeden Arbeitsschritt und jede Maschine, beantwortet unermüdlich unsere Fragen und ist sichtlich und zurecht stolz auf seine Mitarbeiter und die von ihnen geleistete Arbeit. Viele der eingesetzten Maschinen wurden von ihm persönlich entwickelt.

Bis zu 1.400 Schuhe pro Tag...
Hier im Werk von Asolo werden, je nach aktuell produziertem Modell, auf 4 Produktionsbändern etwa 1.000 bis 1.400 Paar Schuhe pro Tag hergestellt. Jeder einzelne Schuh besteht aus bis zu 30 unterschiedlichen Einzelteilen, die in teilweise mehr als 100 Arbeitsschritten zusammengefügt werden müssen. Im Durchschnitt ist dazu eine reine Arbeitszeit von 4 Stunden erforderlich. Oft sind jedoch Wartezeiten notwendig, die den Produktionsprozess deutlich verlängern. So erfahren wir, dass ein hochwertiger Schuh vor der Fertigstellung mindestens 24 Stunden auf dem Leisten verbleiben muss, damit er eine ausreichende Formstabilität und Passgenauigkeit bekommt. Überhaupt spielt der Leisten eine ganz besondere Rolle bei der Produktion von Schuhen. Er stellt sozusagen das wertvollste Kapital des Schuhmachers dar. Nicht nur, weil der exakt gearbeitete Leisten die Passgenauigkeit eines Schuhes garantiert, sondern auch, weil die Anzahl der verfügbaren Leisten die Menge der produzierbaren Schuhpaare begrenzt.

Unterwegs-Scarpa-Werksbesichtigung

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Und zum Abschluss noch ein letzter Blick hinter die Kulissen...
Nach diesem äußerst informativen Rundgang werden wir von Davide wieder in die Hände von Sandro übergeben, der uns in das fünf Fahrminuten entfernte Zentrum von Asolo fährt, wo die erste Produktionsstätte von Scarpa liegt, in der heute die Kunststoffteile für die Produktion von Skistiefeln sowie Brandsohlen und Kunststoffteile für andere Schuhmodelle hergestellt werden. Wir werden empfangen von Massimo Pellizzer, dem Produkt Manager für Winterprodukte bei Scarpa. Er führt uns durch die Halle mit den gewaltig wirkenden Einspritzmaschinen. Als erstes fallen uns die hier vorherrschenden Geräusche und Gerüche sowie die relativ hohen Temperaturen auf, die mit der Kunststoffverarbeitung verbunden sind. Massimo zeigt uns das Ausgangsmaterial für die gefertigten Teile. Kunststoffpellets in verschiedenen Farbzusammensetzungen, die von den Spritzmaschinen über lange Rüssel automatisch eingesaugt und computergesteuert bei hohen Temperaturen unter hohem Druck in die etwa 200 kg schweren und bis 50.000 Euro teuren Spritzformen gepresst werden. Die Produktion der Kunststoffteile ist unter anderem auch von den außerhalb des Werkes herrschenden Wetterbedingungen abhängig. Außentemperatur und Luftfeuchtigkeit können die optimale Einstellung der Maschinen für einen erfolgreichen Spritzvorgang deutlich erschweren.

Wir erfahren auch, dass die Neuentwicklung eines Skistiefels bis hin zur Produktion rund 1 Million Euro kostet. Die verarbeiteten Plastikpellets kommen übrigens neben der Schweiz und Frankreich auch aus Deutschland. Es werden aber auch die anfallenden Produktionsabfälle in speziellen Schreddern zerkleinert und dem Produktionskreislauf erneut zugeführt. Auch werden einige Modelle aus umweltfreundlichen Kunststoffen auf Basis von nicht fossilen Ölen hergestellt. Scarpa verfügt übrigens auch über eigens entwickelte Testvorrichtungen, mit denen Langzeittest der neu entwickelten Schuhmodelle bei extremen Umgebungsbedingungen durchgeführt werden können.

Inzwischen ist es Mittag geworden und wir haben uns nach der Flut von Informationen und Eindrücken eine kleine Verschnaufpause verdient. Am Nachmittag fahren wir zurück in die Zentrale von Scarpa und lassen uns von Manfred und André die neue Schuhkollektion von Scarpa für das Jahr 2015 vorstellen, in der neben einigen alten Bekannten auch eine Reihe interessante Neuigkeiten vertreten sind. Doch das hat ja noch ein bischen Zeit ...

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Ein schöner Abschluss nach der gewaltigen Informationsflut...
Abends haben wir dann noch einmal die Gelegenheit, die sprichwörtliche italienische Gastfreundschaflichkeit in vollen Zügen zu genießen. Unsere Gastgeber haben wirklich an alles gedacht und so ist es kein Problem dass erste WM-Spiel mit deutscher Beteiligung zu sehen, bevor es am Abend zum geselligen Beisammensein und gemütlichem Ausklang bei Kaffee und Grappa in die Altstadt von Asolo geht.

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Dienstag Morgen geht es dann früh am Morgen zurück Richtung Flughafen. Wir wollen die Zeit bis zum Rückflug für einen Abstecher in die weltberühmte Lagunenstadt Venedig nutzen. Bei bestem Wetter geht es mit dem Wassertaxi über die Lagune in die Stadt, wo wir im Getümmel der Touristen aus aller Welt durch die engen Gassen, entlang der Kanäle und über unzählige Brücken ziehen. In einem der vielen kleinen Cafes haben wir Zeit, das Erlebte der vergangenen Tage noch einmal Revue passieren zu lassen.

 

Fazit
Wir haben viel mitgenommen. Besonders beeindruckt waren wir aber von dem enormen Aufwand an Material, Personal und Maschinen, der mit der Produktion hochwertiger Schuhe verbunden ist. Vieles, was früher in harter Knochenarbeit von Hand gemacht wurde, wird heute zwar von Maschinen erledigt, doch sitzt noch heute mindestens ein Mitarbeiter an jeder Maschine, der diese bedienen können muss und damit seine Familie ernähren möchte. Doch manches können uns Maschinen bis heute nicht abnehmen: Wer von uns wusste schon, dass jeder einzelne Schnürsenkel von den geschickten Händen einer Mitarbeiterin eingefädelt werden muss, bevor der Schuh von Hand in Papier eingeschlagen und im Karton verpackt auf die Reise geschickt werden kann? Für uns wurde dank dieser Werksbesichtigung ein weiteres Mal sehr deutlich, dass ein mit so großem Aufwand gefertigtes, qualitativ hochwertiges Produkt seinen Preis haben muss.





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Ihr Kommentar:




Katrin Seewald | am 2. April 2020 um 13:54 Uhr

wunderbar. 1000 Dank!!!



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